Baufeuchte und Schäden an Naturstein ein echtes Problem
Seit den letzten Jahren sehen wir immer mehr Streitigkeiten über Flecken, Verfärbungen und Schäden“ in Innenbereichen, die oft direkt oder indirekt mit der Baufeuchte zusammenhängen.
Was ist Baufeuchte allgemein?
Baufeuchte ist die Summe des eingebrachten Wassers, das für die Erstellung notwendig ist. Jeder Beton, jeder Mörtel, jeder Putz benötigt mehr Wasser beim Anrühren, als später gebunden wird.
Welche Wassermengen sind das überhaupt?
Dazu ein Auszug aus dem Newsletter 10 | 2014:
Gehen wir mal von einem normalen Haus mit einer Wohnfläche von ca.150 m² und einem Heizestrich aus (Dicke ca. 9 cm), so werden ca. 30 T Estriche benötigt. Bei einem Mischungsverhältnis von 1:5 sind dies 5 t Zement. Bei plastischer Konsistenz benötigt man einen W/Z-Wert von ca. 0,53. Hieraus ergibt sich eine Wassermenge von 2.650 Litern! Rechnet man nun für die kristalline Wasserbindung ca. 20% ab, so bleiben 2.120 Liter! Der größte Teil hiervon wird in sog. Portlandit überführt, der als Gel anfällt und das Wasser in sog. Gelporen festhält. Diese Gelporenwasser sind auch der Hauptgrund dafür, dass ein Portlandzementestrich lange zur Trocknung benötigt, da Gelporen Wasser „festhalten“ und nicht wie bei großen Poren freigeben
(Wasserdampfdiffusion ist gehemmt).
Wesentlich größere Mengen sind dann noch im Putz zu finden und natürlich auch im Verlegemörtel.
Warum bleibt die Feuchtigkeit so lange „erhalten“?
Die moderne Bauweise mit Wärmedämmung, sehr dichten Türen, keine Lüftung im Treppenhaus usw. bringen es mit sich, dass der Luft- und Feuchtigkeitsaustausch gegen null geht.
Was passiert bei Dauerfeuchte im Treppenhaus?
Hier sind mehrere Faktoren entscheidend für Schadensbilder. Dazu ein paar Beispiele:
1) Zuerst einmal sind Feuchteflecken, z.T. bis zu einem Jahr oder mehr sichtbar.
2) Verfärbungen des Gesteins durch die alkalische Belastung aus zementären Systemen (Rost)
3) Zerstörung der Gesteinsoberfläche durch „Salzbildung“. Dazu gehört auch Kalk. Die angeschnittenen und geschliffenen Kristalle können herausgedrückt werden
4) Öffnungen der Aderungen bei Kalkstein (Trani, Giallo Atlantide, Botticino Classico, Jerusalem Stone...)
5) Starke Ausblühungen generell
6) Reduzierte Endfestigkeit des C2 Mörtel, wenn er nass ist
7) Hohl klingende Bereiche, wenn durch die Belastung der nicht ausgehärtete Mörtel abschert.
8) PU-Kleber kann sich durch die permanente alkalische Belastung aus dem Untergrund „auflösen“
9) Schimmelbildung unter Abdeckungen oder an Silikonfugen
Wie läuft die Abtrocknung eigentlich ab?
Baustoffe geben die Feuchtigkeit an die Umgebungsluft ab. Allerdings nur so viel, wie die Luft aufnehmen kann.
Welche Rolle spielt dabei die Temperatur?
Raumluft bei 20° C wäre gesättigt bei ca. 17 g / m³, was einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 55 % entspricht.
Bei 10° C wäre die Sättigung bei 9 g/m³ erreicht, also der Hälfte. Zudem ändert sich auch der Taupunkt und somit kann Wasser an den Oberflächen kondensieren und der Schimmelbildung „Tür und Tor“ öffnen.
Je höher die Temperatur, desto mehr Wasser kann aufgenommen werden. Das bedeutet aber nicht, dass es dann auch schneller im Treppenhaus trocknet. Oft passiert das Gegenteil, z.B. bei schwülem Wetter. Durch die Haustüre kommt dann zusätzliche Luftfeuchte herein, die Luft kühlt ab und gibt das Wasser an die Umgebung ab. Das Treppenhaus ist dann „klamm“.
Ist die Umgebungsluft mit Wasser gesättigt ist (beschlagene Scheiben), so dass überhaupt keine Wasserdampfdiffusion in die Umgebungsluft stattfinden kann, wird es kritisch. Hier noch ein Rechenbeispiel aus dem Newsletter 10 | 2014:
Estrich MV 1:5; W/Z-Wert 0,52; Dicke 5cm; Fläche: 150m²; kristalliner Anteil ca. 20% (bei Portlandzement)
Winter | Außen: 5°C | 30% rF | Innen: 15°C | 90% rF | 323 Luftwechselraten |
Sommer | Außen: 30° | 70% rF | Innen: 28°C | 90% rF | 780 Luftwechsel |
Sommer | Gewitter | Außen: 30°C | 80% rF | Innen: 27°C | 90% rF | Rückfeuchtung |
Wie sollte denn gelüftet werden?
Im Winter (bei trockener Kälte) wäre eine Kurzlüftung (Durchzug) ideal. Bereits einige Minuten Querlüftung reichen aus, um den erforderlichen Luftwechsel zu erreichen. Dauert es zu lange (so ab 10 min), dann kühlen die Bauteiloberflächen ab, was wiederum zu einer schlechten Feuchteabgabe an die Luft führt.
Bei trockenem warmen Wetter kann länger gelüftet werden. Ist es draußen aber „schwülwarm“ sollte man die Morgenstunden zum Luftaustausch nutzen.
Ist kein Fenster vorhanden, bleibt es noch jahrelang feucht im Treppenhaus. Die Schäden sind vorprogrammiert.
Sind Zwangslüftungen die Lösung?
Im Grunde genommen „Ja“. Warum dies nicht gemacht wird, hat einen Grund. Es kostet Geld und muß gewartet werden. Eine direkte Vorgabe seitens der Bauvorschriften gibt es nur für den Rauchabzug.
Was kann der Handwerker falsch machen?
Da wäre zuerst natürlich die Abdeckung zu nennen. Tetrapack-Kartonstücke und OSB-Platten sind dampfdicht und halten die Baufeuchte eingeschlossen. Besser sind dampfoffene Materialien. Es sollte auch schriftlich darauf hingewiesen werden, dass spätere Handwerker keine dichten Abdeckmaterialien auf den frisch verlegten Bereichen vor der Austrocknung nutzen dürfen. Auch eine Imprägnierung kann erst dann aufgebracht werden, wenn alles trocken ist.
Was sollte der Handwerker ggf. machen?
Auch wenn es verpönt ist, hilft eine Bedenkenanmeldung, in der man auf die Risiken (siehe oben) bei nicht ausreichender Belüftung hinweist und ggf. einen Haftungsausschluß geltend macht bei Nichteinhaltung. Dazu benötigt man einen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Der ist nicht preiswert, aber immer noch kostengünstiger als ein Schadensfall.