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"Ungeeignet“ - ein oft in Gutachten verwendeter Begriff

Welche Kriterien gibt es?

Der Magna Beratungservice bekommt oft Gutachten von Rechtsstreitigkeiten unserer Kunden zu lesen.
Desöfteren wird darin behauptet „Das Material ist ungeeignet“. Das bedeutet i. d. R. dass der Verarbeiter/Verleger sein Geld nicht oder nur teilweise bekommt. Wir möchten das mal hinterfragen. Sinngemäß ist der Planer dafür verantwortlich, dass die ausgeschriebenen Bauteile bauphysikalisch, bautechnisch, bauchemisch zusammenpassen, ihren Zweck erfüllen und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen.


Welche Kriterien gibt es?
Zuerst einmal die Sicherheit steht im Vordergrund. Dazu ein Beispiel: Ein Brasilschiefer wäre als Fassade ungeeignet, da die Gefahr besteht, dass die Tonlagen in den Platten aufquellen und dann runterfallen. Auch ein Tonsandstein oder ein mit Lehmadern durchsetzter Kalkstein, hat unserer Meinung nach an der Fassade in unseren Breiten keine Eignung. Das bedeutet, dass der verwendete Naturstein wasserfest und frostfest sein muß als Minimalbedingung. Das gilt auch für freitragende Treppenstufen oder Außenbeläge auf Stelzlager.

Wie sieht das in der Duschwand aus?
Ähnlich wie bei einer Fassade muß das verwendete Gestein als Duschwand wasserfest sein. Besonders Kalksteine mit Lehmadern sind kritisch. Bei einigen Kalksteinen, wie Giallo Atlantide, können tellergroße Stücke abfallen. Auf dem Duschboden gehen die Adern auch auf, hier ist aber nicht mit einer direkten Gefahr dadurch zu rechnen.

Marmor in einer Küche?
Das ist in den USA durchaus normal, wie auch in vielen Staaten Europas. In den USA eher poliert eingebaut wird er in Europa meist geschliffen verwendet. In Privatküchen ist das absolut geeignet. Nicht aber in gewerblichen Küchen, da die Hygienevorschriften meist eine saure Reinigung mit phosphorsäurehaltigen Mitteln verlangt.
Dass sich Gebrauchsspuren schnell zeigen ist materialtypisch, aber keine mangelnde Eignung. Das gilt auch für einen Bodenbelag in der Küche. Durch die Drehung mit den Füßen zeigen sich auch bei „Hartgesteinen“ schneller Gebrauchsspuren als im Rest der Wohnung. Er zerfällt aber nicht und erfüllt auch mit Kratzern noch seinen Zweck.

Gibt es Beispiele für ungeeignete Materialien in der Küche?
Ja, Brasil Schiefer als Küchenarbeitsplatte mit einem Unterbaubecken. Da durchaus Tonlagen enthalten sein können, ist es möglich, dass dieses Material aufquillt wie ein Hefekuchen. Aus einer 3 cm Platte wurde am Unterbaubecken mit der Zeit fast 5 cm mit blättrigen Rissen. Bei einem Aufbaubecken wäre wahrscheinlich nichts passiert. Hier war der Verarbeiter in der Pflicht. In gewerblichen Küchen gelten strenge Regeln, was Hygiene angeht. Ist ein Material für den direkten Lebensmittelkontakt nicht desinfizierbar nach dem Reinigungs- und Hygieneplan, dann ist es tatsächlich ungeeignet, z. B. Sandsteine wären bei gewerblicher Nutzung ungeeignet, nicht aber im Privatbereich wenn der Kunde mit den Eigenschaften leben kann.

Jura als Bodenbelag ungeeignet?
Ein krasser Fall erreichte uns aus Nürnberg. Jura Kalkstein, gesandstrahlt und gebürstet zeigte als Innentreppe in einem Gewerbebau nach dem Winter deutliche Salzschäden. Der Gerichtsgutachter kam zu dem Schluß, dass Jura nicht geeignet wäre als Treppenbelag und dass der Verleger Bedenken hätte anmelden sollen. Eine Sauberlaufzone, die auch regelmäßig entsalzt / gewaschen werden muß, hätte dies verhindert. Es lag nicht am Stein, sondern an der Planung, die dem Architekten gehörte. Auch die Reinigungsplanung war mangelhaft.

Hartgesteine mit dem selben Problem?
Wir wurden im Erzgebirge zu einem ähnlichen Fall befragt. Dort stellte der Gutachter aufgrund der Salzschäden am polierten Innenbelag aus Shivakasi fest, dass der Belag ungeeignet war. Beim 2. Ortstermin konnten alle zufällig mit ansehen, wie der Hausmeister für 10 m Weg satte zwei 10l-Eimer Tausalz außen aufgebracht hatte. Das hält auch ein polierter Bianco Sardo auf Dauer nicht aus, obwohl der Stein bekanntermaßen sehr gut geeignet ist.

Wie sieht es mit chemischer Beständigkeit aus?
In allen öffentlichen Hygienebereichen muß ein Reinigungs- und Hygieneplan erstellt werden. Erst danach sollte das Material ausgesucht werden. Ist eine häufige saure Reinigung vorgeschrieben, dann sind alle säureempfindlichen Materialien ungeeignet. Im privaten Bereichen gibt es diese Vorschriften nicht und Marmor und wasserfester Kalkstein wird seit tausenden von Jahren eingesetzt. Dieser Zusammenhang kann nicht vom Verarbeiter/Verleger erkannt werden.

In einem uns bekannten Fall wurde Travertin als Schwimmbadumrandung für einen Pool mit „in situ–Wasseraufbereitung“ eingesetzt. Dass dies „Salzwasser“ bedeutet, war dem Verarbeiter, der nicht planerisch tätig war, unbekannt. Der Schwimmbadplaner war dafür verantwortlich, dass der Travertin nach einem halben Jahr ziemlich zerfressen war.
Es geht aber auch subtiler, ebenfalls Travertin als Umrandung in einem privaten Pool mit gleichem Schadensbild. Hier ist durch das „Reinkippen“ von Lauge und Säure zur Wasseraufbereitung Salz entstanden.
Anders als in öffentlichen Bereichen besteht keine Pflicht zum Austausch einer bestimmten Wassermenge / Zeit, um genau diese Salzbelastung zu verhindern. Der Travertin war geeignet, zeigte aber schnell Gebrauchsspuren.

Wie sieht es aus bei Verfärbungen?
Optische Beeinträchtigungen sind immer wieder ein Grund für Zahlungsverweigerung oder Prozesse. Hierbei ist zu unterscheiden, wer es hätte wissen müssen. Hier geht es aber nicht um Sicherheit, sondern um vernünftige Beratung oder korrekte „Bedenkenanmeldung“. Ein Bianco Cristall im Außenbereich bleibt stabil, rostet aber oft. Wenn der Kunde es trotz Bedenken haben möchte, dann sollte man ggf. einen Fachanwalt für die „Freischreibung“ mit dem Vertragstext beauftragen.

Was ist zu tun, wenn man Sicherheitsbedenken hat?
Da reicht eine Bedenkenanmeldung nicht aus, denn es kann eine Baugefährdung vorliegen. Von dieser kann man sich nicht „freischreiben“. Materialien, die nach kurzer Zeit starke Verluste in der Festigkeit bekommen und dann zu einer Gefährdung führen, oder ungeeignete Konstruktionen können den Planern und Ausführenden sogar als Straftat (§ 319 StGB - Baugefährdung) ausgelegt werden, für die der Planer und auch der Ausführende mit seinem privaten Vermögen haftet und nicht die Firma. Hier wäre die Hilfe eines Fachanwalts für Bau- und Architektenrecht notwendig oder auch entsprechende Hilfestellung des BIV Steinmetz.

Wie ist das bei Gebrauchsspuren, Verwitterung und Patinierung?
Jeder Naturstein, Compac Quarzagglo und Neolith verändert sich durch die Umwelt und Nutzung. Wir sind für den Anfangszustand verantwortlich. Für den Endzustand nach etlichen Jahren ist die Natur und der der Nutzer zuständig, außer es sind sicherheitsrelevante Bauteile.

Wann haftet denn der Planer?
Dazu Zitate aus https://www.hoai.de/online/haftungsrecht.php
...“Der Planer haftet - im Gegensatz zum Bauunternehmer - nicht für jeden Mangel des Bauwerks, sondern grundsätzlich nur für die Mängel seines (Planer-) Werkes. Mängel, die am Bauwerk entstehen, sind nur dann zugleich auch vom Planer zu vertretende Mängel, wenn sie durch eine objektiv mangelhafte Erfüllung seiner Aufgaben verursacht worden sind. Entsteht also ein Mangel am Bauwerk, hat der Planer nur dann dafür einzustehen, wenn dieser Mangel auf seine Leistungen zurückzuführen ist. Dabei kann sich die Haftung aus einer fehlerhaften Planung und/oder aus einer fehlerhaften Bauüberwachung ergeben.“

„...Dem Grunde nach kommt eine Haftung des Planers unter anderem dann in Frage, wenn seine Leistungen mit technischen Fehlern behaftet sind, das heißt, wenn seine Leistungen nicht den anerkannten Regeln der Technik/Baukunst entsprechen.
Was Stand der Technik im Sinne der anerkannten Regeln der Technik/Baukunst ist, ergibt sich aus der Summe der technischen und handwerklichen Erkenntnisse, die von Theorie und Praxis als richtig und notwendig anerkannt sind. Dabei sind die schriftlich normierten Regeln der Technik/Baukunst, insbesondere die DINNormen, ein Unterfall hiervon. Diese begründen allerdings nur die (widerlegbare) Vermutung, dass sie dem Stand der Technik entsprechen.
Entspricht eine Planung den DIN-Normen, so ist hierdurch noch nicht sichergestellt, dass diese Planung auch den Stand der Technik wiedergibt....“

 

Was sollte der Handwerker machen?

Für viele Materialien liegen unseren Kunden und auch uns Erfahrungen vor. Manchmal reicht eine kurze Anfrage bei uns aus um Schäden zu vermeiden. Wir helfen gerne, auch bei Compac Quarzagglo oder Neolith.
Der Magna Beratungsservice kann und wird aber nicht planerisch tätig werden. Wir können nur Hinweise liefern.
Man darf sich aber auch nicht scheuen „Keine Ahnung“ zu sagen, wenn für Sonderanwendungen keine Erfahrungen vorliegen.

Kann ich auch Bedenken anmelden wenn ich keine Ahnung habe wie sich das Material verhält?
Bedenkenanmeldung aus Unkenntnis ist durchaus möglich. Dazu ein Beispiel: Ein Bonbonhersteller möchte seine heiße Zuckermasse auf einer Steinplatte ausrollen und kneten. Der Steinmetz lieferte einen Granit und keinem war bekannt, dass die Zuckermasse kleine Kristalllinsen aus der Oberfläche mitnehmen konnte. Bei Nero Assoluto wäre das Problem nicht entstanden. Hier war der Granit tatsächlich ungeeignet, was aber keiner der Beteiligten vorher wissen konnte. Kein Streit um die Kosten wäre entstanden, wenn der Steinmetz vorher schriftlich gesagt hätte, dass er keine Erfahrung mit dem Verwendungszweck hat.