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Ausklinkungen und Fugen bei Neolith®, Emperor® und Compac® Quarzagglo

Neue Werkstoffe und neue Größen bei künstlich hergestellten Materialien bedingen auch andere Erfahrungen, die gemacht werden müssen. Auch die Materialstärken haben sich geändert. Die Stabilität und Elastizität ist eine andere als bei Naturstein. Wir möchten diese Rahmenbedingungen erklären.

Bodenbeläge - Berechnungsgrundlage der Ausdehnung und beteiligte Komponenten
1) Ausdehnungskoeffizient
Es klingt zuerst kompliziert, aber es ist relativ einfach anzuwenden.
Tabellen für den Ausdehnungskoeffizienten liefern die Daten um Spannungen zwischen verbundenen Bauteilen durch die Ausdehnung berechnen zu können. Für Bodenkonstruktionen ist der „Längenausdehnungskoeffizient“ und nicht der für die Raumausdehnung relevant. Zur Berechnung ein Beispiel:
L1 = Länge bei der Anfangstemperatur (z. B. 1000 mm)
a = Ausdehnungskoeffizient in 10-6 K-1 ( z. B. 25 * 10-6 K-1) (K steht für Kelvin, hier die Temperaturdifferenz)
T = Temperaturdifferenz in °K (z. B. 30°K)
L2 = Länge nach der Erwärmung

Die kann man dann in die Formel einsetzen:
L2 = L1* (1+a*T)
L2 = 1000 * (1+25*10-6*30)
L2 = 1000*(1+25*0,000001*30)
L2 = 1000,75 mm
So kann man auch die Längendifferenzen zwischen Stein und Metall oder anderen angrenzenden Materialien berechnen.

2) Neolith® und Emperor®
Keramische Werkstoffe wie Neolith® und Emperor® haben eine geringe Temperaturausdehnung. Sie liegt bei 5*10-6 K-1. Geht man bei einer Fußbodenheizung von einem Temperaturbereich von +10° bis +40° aus, so dehnt sich Neolith® um 0,175 mm/m beim Hochfahren der Heizung aus, bzw. zieht sich zusammen, wenn es erkaltet.

3) Compac® Quarzagglo
Quarzkomposite von Compac® haben eine Ausdehnung von 25 *10-6 K-1. Daraus resultiert eine Ausdehnung von 0,75mm/m auf einer Standardfußbodenheizung.

4) Zementestrich
Ein Standardestrich auf zementärer Basis liegt bei 12 *10-6 K-1, also ziemlich zwischen beiden Materialien. Eine Ausdehnung von 0,36 mm/m ist typisch.

5) Anhydrit Fließestrich
Eine etwas höhere Ausdehnung als Zement hat diese Estrichart. Sie liegt bei 16*10-6 K-1. Das bedeutet eine Ausdehnung um 0,48 mm/m.

6) Dehnfugen
Die zulässige Gesamtverformung (ZGV) ist der Wert, in dem sich eine Silikonfuge elastisch verhält. Dazu ein Beispiel: ZGV 20 bedeutet, dass eine 10 mm breite Silikonfuge sich +-1 mm elastisch verformen kann. Alle Belastungen darüber führen zu einer Druck- oder Zugspannung, weil sich das Silikon „drückt“ oder „zieht“. Das gilt auch für Höhendifferenzen durch thermische Verformung.

Wieviele Bewegungen sind in einer Heizperiode möglich?
Die Besonderheit bei beheizten Estrichen ist die Wechselbelastung durch Ein- und Ausschaltvorgänge. Das geht von 5 bis zu 20 Schaltzyklen pro Tag. Die Temperaturdifferenz ist dabei aber wesentlich kleiner und liegt meistens bei 10°C.

Was bedeutet das für die Ausklinkungen?
Jede Ecke der Ausklinkungen wird auf Zug und Druck belastet. Das führt zu einer permanenten Kerbwirkumg auf die innenliegende Ecke.

Was ist eine Kerbwirkung? Eine Kerbwirkung entsteht durch eine örtliche Spannungskonzentration auf Zug, Scherung oder Torsion und das Materialverhalten (Elastizität) des Belagmaterials. Kerbwirkung ist i. d. R. unerwünscht und führt zu immer größeren Rissen, wie auf der Skizze. Der Spannungsverlauf ist dabei nicht linear und richtig kompliziert. Wer sich dafür interessiert, findet unter de.wikipedia.org/wiki/Kerbwirkung eine Erklärung unter dem Unterpunkt „Formzahl“.

Welche Rolle spielt die Elastizität?
Granit kann Spannungen „in sich“ über eine Materialstärke auffangen. Bei einem Gneis wie Serizzo ist die Elastizität sogar so hoch, dass selbst eine Temperaturdifferenz von 60°C kaum einen Schaden verursacht.
Neolith® und Compac® haben durch den nicht vorhandenen Porenraum hingegen eine geringe Elastizität. Die Fleckunempfindlichkeit beruht auf dieser Eigenschaft.

Welche Rolle spielt die Plattengröße?
Bei Bereichen ohne Heizung, wie Wand oder alte Verbundestriche, ist es irrelevant, auf dem Boden oder auch an beheizten Wänden eine Größe. Einfach erklärt ist die Hebelwirkung eine ernst zu nehmende Größe. Bei einer Beispielgröße von 120 / 120 cm und einer Estrichbewegung von 1 mm auf die „Ecke“ kommt eine große Kraftwirkung zur Geltung. Bei Fliesen von 30 / 30 cm spielt es kaum eine Rolle. Hier ist die Gesamtfläche
und somit die Kraftübertragung nicht mehr linear, weil sie durch die Fugen unterbrochen wird.

Welche Faktoren spielen noch eine Rolle?
Hier sind die Anordnung und die Anzahl der einzelnen regelbaren Heizkreise zu nennen, die Anordnung der Dehnfugen und die Verformung des Estrichs. Auch mangelhafte Dehnfugen oder unsachgemäße Randstreifen können den Effekt verstärken.

Welche Gegenmaßnahmen kann man bei der Verlegung bzw. Planung machen?
Die wichtigste ist natürlich eine Rundung in der Ecke. Je größer der Radius, desto geringer die Kerbwirkung. Entkopplungsmatten können einen Teil der horizontalen Spannungen auffangen, nicht aber Höhenschwankungen durch unterschiedliche Estrichbewegungen. Die Elastizität des Verlegesystems (Verlege- und Fugmörtel) sollte nicht zu starr sein. Auch die notwendige Breite und Lage der Bewegungsfugen werden oft unterschätzt.

Gibt es auch sichere Methoden?
Ja, keine Ausklinkung zu machen, sondern durchgehende Fugen zu planen. Auch wenn es nicht immer der Kundenwunsch ist, geht man immer hierbei den sicheren Weg. Auch die Materialstärke spielt eine Rolle. Eine 20 mm starke Compac®- oder Neolith®-Platte hält mehr aus als eine mit 6 mm Stärke. Auch eine rückseitige Verstärkung wie bei den „+“ Platten bei Neolith® kann das Risiko verkleinern.