Spannungen in Kunststeinen Teil 2: Neolith und Emperor Keramik
Neolith und Emperor sind keramische Werkstoffe, die einen Ofen benötigen um gebrauchsfertig zu werden, aber ganz anders als bei dem im Januarnewsletter beschriebenen Compac Quarzagglo.
Rückblick auf 30.000 Jahre Keramik
Keramik stammt von dem griechischem Wort für Ton „Keramos“ ab. Millionen Jahre vor der griechischen Sprache entstand Ton aus den Verwitterungsprodukten von Feldspäten, die mit unterschiedlichsten Beimengungen abgelagert wurden. Die Zusammensetzung des Tons, die Aufbereitung und der Brand bestimmen die Farbe des unglasierten Scherbens.
Ein „Scherben“ ist nicht, wie man vermuten könnte, eine heruntergefallene Fliese, sondern der Fachbegriff für gebrannten Ton bei Steingut, Steinzeug, Cotto, Spaltplatten, Feinsteinzeug usw. Die ersten Gegenstände aus gebranntem Ton entstanden vor ca. 30.000 Jahren, während die ersten keramischen Gefäße vor ca. 11.000 Jahren im Nildelta entstanden sind. Jede Tongrube hat ihre „Eigenheiten“ und die Kunst der Aufarbeitung und Mischung der Rohstoffe war meist ein von Handwerkern gut gehütetes Geheimnis. Erst mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert stieg die Verbreitung der keramischen Bodenbeläge stark an. Anfangs noch als „Zubrot“ der Ziegeleien, entstand eine
eigenständige Industrie, bei der die maschinelle Produktion bis heute überwiegt. Aber es gibt immer noch kleine handwerkliche Betriebe, die individuelle Keramiken in kleinsten Serien erstellen.
Woraus besteht Keramik?
Seit den Anfängen der keramischen Werkstoffe hat sich nur eines nicht geändert, der Werkstoff „Ton“. Er ist und bleibt die Grundlage für alle Wand- und Bodenkeramiken. Die Aufarbeitung des Tons ist ein aufwendiger und komplizierter Prozess. Neben Ton gehören noch andere mineralische Rohstoffe zur Rezeptur einer Keramik. Die wichtigsten Zuschlagstoffe sind Quarz, Kaolin und Feldspat. Je nach Anwendungszweck werden u. a. auch Calcite, Dolomite oder Schamotte beigemischt. Die Kunst bei der Aufbereitung ist es u. a., die Verhinderung der Entmischung vor der Formgebung und das Schrumpfverhalten beim Brand kontrollieren zu können. Auch Wasser wird für die Aufbereitung benötigt. Die Unterschiede bei der industriellen Herstellung von Keramik und einer handwerklichen Produktion sind so groß wie bei einem mittelalterlichen Waffenschmied und einem modernen computergestützten Stahlwerk.
Wie wird das Pulver gepresst?
Speziell bei Neolith werden Vakuumpressen verwendet, wodurch erst die Herstellung von 3 mm dünnen Platten möglich ist. Dabei werden die mikrofeinen Körner ineinander geschoben. Sie haben dann die Konsistenz wie ein Panzerkeks. (Nährmittel-Notration bei der Armee). Die in Italien viel benutzten Rollenpressen lassen 3 mm übrigens nicht zu.
Welche Vorgänge spielen sich im Ofen ab?
Jetzt wird es kompliziert. Obwohl die Pressung unter hohem Druck passiert, sind noch viele Zwischenräume vorhanden. Unter einem Mikroskop kann man spitze Kristalle erkennen, die ineinander verhakt sind. Durch Energiezufuhr (Gas oder elektrisch) werden im Ofen ca. 1200°C erreicht. Dabei schmilzen die Kristallspitzen ineinander, ohne dass das Korn ganz aufschmilzt. Diese Sinterung führt zu einer hochfesten Verbindung der Keramik. Durch das Anschmelzen der einzelnen Spitzen wird das Volumen kleiner. Die Schrumpfung ist ca. 8% der Rohabmaße. Eine Rohtafel von 325 / 155 cm ist vor dem Brand ca. 354 / 168 cm groß. Die Sinterung beginnt vom Rand nach innen, von oben und unten in die Mitte. Je größer der keramische Scherben, desto länger muß die Verweildauer im Ofen sein. Jede Materialstärke benötigt eine eigene Testreihe und Entwicklung.
Ist die Branddauer zu groß, ist die Keramik nicht mehr zu verarbeiten, weil sie zu hart geworden ist. Die langsame, kontrollierte Abkühlung beendet den Brandprozess.
Wovon hängt die Schrumpfung denn ab?
Neben der Korngröße spielt die Kornform und das Material eine Rolle. Runde Bruchstücke sind „arm“ an Spitzen und dienen als Stütze. Nadelige widerum schrumpfen stärker und sorgen für die „Härte“. Quarzmehl mit seinem hohen Schmelzpunkt sorgt für Abriebfestigkeit, Feldspat für Glanz und Porenfüllung. Die Farbpigmente haben ebenfalls ein „Eigenleben“.
Entstehen die andersfarbigen Einzelpunkte durch den Brand?
Ja, es ist unvermeidbar, dass die Einzelpunkte entstehen. Durch kleinste Verunreinigungen mit Metalloxyden, die ungebrannt im Tonpulver nicht sichtbar sind, entstehen beim Brand „Kristallumkleidungen“ die dann sichtbar sind, allerdings fast nur bei hellen oder sehr dunklen, einfarbigen Sorten.
Wie kann man Spannungen verhindern oder vermindern?
Das geht nur beim Brand selber. Anders als bei Quarzagglo spielt die Außentemperatur keine relevante Rolle vor der Verarbeitung. Sind die Platten zu kalt, gefriert das Kühlwasser an der Oberfläche, was dann indirekt zu einem Druckschaden führt. Vor der Verarbeitung der Rohtafeln ist es ratsam, die Platten ringsum zu schneiden um evtl. Brandspannungen zu verringern.
Ist bei der Verarbeitung noch etwas zu beachten?
Ja, anders als bei Naturstein, wo man ein wenig „drücken“ kann, darf bei der Keramik das Werkzeug nicht mit zu starkem Vorschub gefahren werden. Das Blatt muss sich seinen Weg freischleifen. Bei größeren Stärken ist es sinnvoll, erst einen Schnitt von oben 5 mm tief zu machen um die Oberflächenspannung zu verringern.
Gibt es auch größere Stärken bei Neolith?
Ja, die Stärke von 20 mm ist eine komplette Neuentwicklung. Da jede Grundfarbe einzeln eingestellt werden muss, gibt es diese neuen Tafeln nicht in jeder Farbe und Oberfläche. Zunächst sind ausgewählte Dekore in 20 mm Stärke erhältlich: Basalt Black Satin, Arctic White Silk, Cement Satin, Beton Silk und Pierre Bleue Silk mit Farbstruktur in der Kante (fullbody).