Alte Untergründe, von gutmütig bis hochriskant
In den letzten Jahren sind teilweise sehr merkwürdige Schadensfälle aufgetaucht, die man sich zuerst nicht so erklären konnte. Wir möchten hier einige vorstellen, bei deren Lösung wir beteiligt waren. Aus Gründen des Datenschutzes können wir leider keine Fallbilder beifügen.
Fall 1a) Emperor Outdoorkeramik schüsselt nach einiger Zeit
Das ist zumindest vom Material nicht möglich, außer die Platten waren vorher schon „krumm“. Eine spätere Verformung ist ausgeschlossen, es sei denn durch eine starke von außen wirkende Kraft.
Beim Ortstermin war folgende Situation sichtbar:
Bungalow, gebaut 60er Jahre. Der Terrassenbelag aus Emperor sah merkwürdig aus. Fugen zerdrückt, Platten nach „oben“ geschoben, was an den Überzähnen sichtbar war. Nachdem eine Richtlatte quer zur Länge aufgelegt wurde, konnte man sehen, dass die Fläche sich von der Gartenseite nach „oben“ verformte. Wie das gehen sollte nach der korrekten damaligen Verlegung war schleierhaft.
Nach einigen Rückfragen mit den Bewohner kam folgendes heraus: Die Betonplatte der Terrasse war in den 60er Jahren gegossen worden, zusammen mit der Grundplatte vom Haus. Aus Kostengründen wurde damals der Beton nicht belegt. Später kamen in den 80er Jahren Steinzeugfliesen drauf, die sich aber immer mehr lockerten und zudem war kein richtiges Gefälle damals ausgeführt worden. Vor der Montage der 20 mm Emperorplatten hatte ein anderes Unternehmen den Altbelag entfernt und den Beton fachgerecht abgefräst. Kurz darauf wurden die Emperorfliesen korrekt verlegt. Womit keiner gerechnet hatte, war die Tatsache, dass der damalige Beton Zusätze bekam: Der Verzögerer Natriumnitrat (NaNO3) wurde eingesetzt, um die Verarbeitbarkeit des Betons zu verbessern, insbesondere bei hohen Temperaturen oder in trockenen Umgebungen, wo ein schnelles Austrocknen des Betons problematisch sein könnte. Durch die Zugabe von Natriumnitrat konnte die Verarbeitungszeit verlängert werden, was den Bauarbeitern mehr Zeit für das Gießen und Glätten des Betons gab.
In den 1960er Jahren und auch heute werden zusätzlich auch Beschichtungen wie Schalöl oder sogenannte Silane verwendet, um zu verhindern, dass Beton zu schnell austrocknet. Diese Beschichtungen dienen dazu, die Feuchtigkeit im Beton zu halten und somit eine langsamere Aushärtung zu ermöglichen. Schalöl wurde auf die Schalung aufgetragen, bevor der Beton eingegossen wurde. Es bildet eine Schicht zwischen dem Beton und der Schalung, die das Austrocknen des Betons verlangsamt. Dies ermöglichte eine gleichmäßige Aushärtung und verhinderte Risse und andere Probleme, die durch zu schnelles Trocknen entstehen können. Silane wurden auf den oberflächig erstarrten Beton aufgesprüht. Das hatte zur Folge, dass die Platte gut geperrt war, aber es an Wasser mangelte um vollständig die Zementsteinbildung abzuschließen.
Durch das Abfräsen der Oberfläche wurde diese wieder geöffnet und Regen und Kühlwasser konnte eindringen. Die Hydratation konnte langsam wieder weitermachen, wo sie in den 60er Jahren gestoppt wurde. Da diese Prozesse bei einer dicken Betonplatte nur langsam abliefen, merkte man es erst, als der neue Belag längere Zeit bereits lag. Keramik hat keine Elastizität und der Mörtel nur bedingt. Beide können aber keine Höhenänderung auffangen, was dann zu dem Schadenfall führte.
Abhilfe: Abwarten bis die Reaktion beendet ist und neu verlegen. Geschätzte Wartezeit: 1 - 5 Jahre.
1b) Die Treppe die nicht aufhörte auszublühen
Der Steinmetz war verzweifelt. Er hatte den alten Belag aus Waschbeton abgeschlagen und einen neuen Belag aus Steal Grey, geflammt auf die Außentreppe verlegt. Wie immer (für ihn) im Dickbettmörtel mit einer Kontaktschicht aus Fliesenkleber. Alle drei Monate mußte er zum Kunden aus dem gleichen Dorf um die Ausblühungen an den Fugen und Stoßtritten zu reinigen.
Diese Ursache war die gleiche, wie unter 1a) beschrieben. Sein Fehler war es, keine Sperrschicht aufzutragen. Der Altbelag aus Waschbeton war komplett karbonatisiert und hat nichts durchgelassen. Als der entfernt wurde ging das Problem los. Aber das war leider nicht die ganze Problematik. Nach zwei Jahren wurde der Steel Grey immer grauer. Kein Zementschleierentferner, kein Hochdruckreiniger konnte das Problem beseitigen. Die Ursache war der Fliesenkleber. Durch die permanente hohe Alkalität und Feuchtigkeit von „unten“ konnte der C1 Kleber nicht einmalig erstarren und vollständig austrocknen. Der in diesem Produkt enthaltene Kunststoff drang dann, weil unverbunden, langsam durch den Stein und die Fugen durch. Ein hochalkalisches Mittel auf Basis von Kalilauge konnte dann den Grauschleier entfernen.
Der Haken ist aber, dass er wiederkommt. Die einzige Lösung ist ein Rückbau und neue Platten verlegen.
2) Kalk und Zement bekämpft sich ungehemmt
In einem hochherrschaftlichen Altbau von 1880 waren die alten Marmorplatten auf dem Boden im Laufe der Jahrzehnte und durch Bombenschäden im 3. Reich zerbrochen. Der ursprüngliche Calacatta Vagli, ein Marmor mit lila Aderungen wurde durch einen Milas Lilac, in Großformaten von 100 / 100 cm ersetzt. Nach einigen Monaten waren in der herrschaftlichen Diele einige Platten bereits gerissen und andere locker.
Des Rätsels Lösung: Damals wurde ein Kalkestrich verwendet. Nach der Entfernung der alten Platten wurden mit einem Dickbettmörtel mit Weißzement die neuen Platten verlegt. Der Kalkestrich ist aber wesentlich „weicher“ als der Zement. Durch die Nutzung „rubbelte“ sich der starre Zement von der weichen Oberfläche ab und man konnte die neuen Platten mit dem Mörtel hochheben.
Zement wurde in Deutschland erst ab 1850 hergestellt, aber eher für Industriebauten genutzt. Gebäude, die vor 1910 gebaut wurden, sind kritisch zu betrachten. Das gilt übrigens auch für Bauten, die zwischen 1950 – 1960 hochgezogen oder repariert wurden. Zement war Mangelware und in Treppenhäusern und Wohnungen war oft Steinholz zu finden. Das ist nichts anderes als Magnesitestrich mit Holzstückchen und der reagiert hochgradig allergisch auf Zement.
3) Dehnfugen früher
Die bestanden nicht aus Silikon. Man verwendete z. B. bei Anbautenfugen Glaserkitt. Aus 85 % Schlämmkreide und 15 % Leinölfirnis wurde ein zäher Teig geknetet und in die Fugen eingearbeitet. Durch die Oxidation des Leinöls an der Luft wurde der Kitt im Laufe der Jahre spröde und bröselte aus. Dann wurde er einfach erneuert. Legt man neuen Boden über derartige Fugen können Verfärbungen nach oben wandern.