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Die unbekannte Gefahr: Weichmacher aus Kunststoffen

Manche Erscheinungen, wie Saugerabdrücke oder Ablagerungen von Andruckrollen kennt jeder Steinmetz. Allerdings haben sich in den letzten Jahren Beanstandungen gehäuft, die sich kaum einer erklären konnte. Komische Muster auf Arbeitsplatten oder Böden und sogar auf Fassadenplatten und Grabeinfassungen. Wir sind dieser Erscheinung nachgegangen und haben uns mit dem Thema Weichmacher befasst.

Was sind Weichmacher?
Viele Kunststoffe sind i. d. R. hart und spröde, wie Hart-PVC. Weichmacher dienen dazu, die Elastizität zu erhöhen oder zu erhalten. In der Kunststofftechnik unterscheidet man:
a) Innere Weichmacher
Das sind Stoffe, die bereits bei der Herstellung des Rohkunststoffs eingebracht werden. Das ist wie bei einer Kette, die aus zwei verschieden großen „Bauteilen“ zusammengesetzt ist. Die großen sorgen für die Stabilität, die kleinen für die Beweglichkeit. Diese bilden eine feste Verbindung und sind auch nicht mehr ohne weiteres zu trennen. Das sind fast immer unproblematische Weichmacher für die umgebenden Materialien oder Menschen. Daraus werden u. a. Badeenten für Kinder hergestellt.
b) Äußere Weichmachung
Das sind die eigentlichen Problemstoffe. Das sind Chemikalien, die in den Kunststoff „eindringen“ und die Bindekräfte zwischen den Polymerketten verringern. Es ist wie bei einer zu dick angemachten Sauce. Gibt man Wasser (oder Rotwein) hinzu, so wird diese
wieder flüssiger. Genau wie bei der Sauce ist das kein dauerhafter Zustand. Kochen wir sie weiter, so verdampft der Weichmacher wieder.

Was sind das für Stoffe?
Da gibt es etliche Stoffe. In der ISO 1043-3 findet man eine Auflistung. Eine der bekanntesten Stoffgruppen sind die Phthalate. Manche verhalten sich im menschlichen Körper wie Hormone und können bereits in geringen Mengen Schädigungen am Menschen hervorrufen. Deshalb ist der Einsatz bei Spielzeug und Bedarfsgegenständen begrenzt oder sogar verboten. Der Vorteil der Phthalate ist die relativ preiswerte Herstellung, weshalb man sie in sehr vielen Industrieprodukten findet. Auch „Bisphenol A“, das in vielen
Epoxydharzen enthalten ist, wird als gesundheitschädlich eingestuft. Das ist auch der Hauptgrund, warum Arbeitsplatten oder vollflächige Beschichtungen aus Epoxydharzen nach unserem Kenntnisstand nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, im Gegensatz zu den zugelassenen Polyestern, wie bei Compac.

Woher kommen die Probleme bei Natur- und Kunststeinen?
Ganz einfach. Da diese Stoffe sich nicht mit dem Kunststoff verbinden, können sie wieder ausdampfen und die umgebenden Materialien beeinflussen.

Ist das irgendwo geregelt?
Aber sicher doch. EU-weit gilt die Bedarfsgegenständeverordnung für alle Gegenstände und Folien, die bestimmungsgemäß einen direkten Lebensmittelkontakt erfordern. (https://www.gesetze-im-internet.de/bedggstv/index.html)

Gibt es auch Regelungen für andere Bereiche?
Ja, die „Europäische Chemikalienagentur“ mit Sitz in Helsinki regelt „REACH“. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, was geregelt ist, der kann es unter echa.europa.eu/information-onchemicals/pic/chemicals nachlesen. Man sollte aber Dr. der Chemie sein um es zu verstehen.

Was passiert bei Gummis von Saugern und Rollen?
Die Weichmacher transportieren auch Ruß, der bei Gummi für eine bessere Elastizität sorgt. Diese Partikel „kleben“ dann durch den Weichmacher, teilweise auch mit den Kunststoffmolekülen auf der Oberfläche fest. Mit einem Tuch alleine bekommt man sie nicht mehr weg. Hier ist die Standzeit auch entscheidend. Läßt man die Sauger über das Wochenende auf dem Werkstück stehen, ist das Schadenspotential wessentlich größer. Die Weichmacher sitzen bei satinierten oder geschliffenen Materialien in den kleinen „Schleif- oder Bürstrillen“. Dadurch wird die Oberfläche „geglättet“, wie bei einer Milchglasscheibe, die eingeölt wurde oder nass ist.
Bei kurzen Einwirkzeiten reicht oft Waschbenzin (Vorsicht Brandgefahr) oder ein ungefährlicher Spezialreiniger (z. B. Pep Aktiv der Fa. Ecolab, TUBA Spot der Fa. Tana, R799 der Fa. Möller ) und ein Mikrofasertuch aus. Das Lösemittel kann den Ruß nur anlösen, nicht aber transportieren. Dafür benötigt man die Mikrofaser. 

Aber Achtung, machmal ist der „Abdruck“ eine saubere Stelle und der Rest ist schmutzig. Das ist bei satinierten Oberflächen oft der Fall. Dann hilft eine Reinigung der ganzen Platte mit einer Ceranfeldmilch (Helios Brilliant – Ecolab, Cream Cleaner – Tana, Peeling Creme R187 – Möller Chemie). Bei Hartgesteinen sollte man evtl. mit Amidosulfonsäure (SANET Tasanit – Tana, R183 – Möller Chemie, Into Energy - Ecolab) abreinigen um den ggf. vorhandenen Kalkschmutz aus der Produktion zu entfernen.

Wie ist das bei längerer Einwirkzeit bei resinierten Platten?
Ein neuer A-Bock aus Edelstahl mit ebenso frischen Gummileisten. Dazu draußen ein paar Tage in der Sonne gestanden und eine resinierte Platte aus Yuparana Colombo. Mehr braucht man nicht um einen Totalschaden zu produzieren. Weder unserem Kunden, noch uns ist es gelungen diese Streifen zu entfernen. Der Hintergrund dafür ist nicht einfach zu erklären. Der Resinierungskunststoff, der in den Poren sitzt, quillt durch den Weichmacher auf und schmiegt sich enger an die Kristalle vom Stein. Ähnlich wie bei einem
Farbtonvertiefer werden die Quarzkristalle „transparenter“ und die Farbe der anderen Mineralien wird deutlicher sichtbar. Dann verdampft der Weichmacher und die Resina wird wieder härter. Die Anschmiegung geht dabei aber nicht zurück, so dass ein bleibender Streifen übrig bleibt.

Wie reagiert Quarzagglo auf Weichmacher?
Das ist bei kurzer Einwirkzeit so wie bei Naturstein. Abreinigen und gut ist. Bei längerer Einwirkzeit, z. B. bei Schaumstoffstreifen sieht die Sache anders aus. Das zu erklären ist nicht so ganz einfach. Stellen Sie sich vor, sie nehmen Wollfäden und legen diese
durcheinander auf einen Tisch, mehrere cm dick. Dann Punkte mit einem Klebstoff (UHU / Patex...) draufgeben. Dazwischen streut man Glitter drüber. Das wären dann die Farbpartikel. Walkt man dann diese Fäden, während der Kleber noch nicht hart ist, dann verlieren die Fäden ihre flauschige Oberfläche und schmiegen sich aneinander. Der Glitter wird dann „eingeklemmt“. Kommt jetzt ein Weichmacher von außen hinzu, werden die Farbpartikel „freigesetzt“ und können sozusagen „wandern“. Dann kann es entweder aussehen, wie Wasserflecken oder die Farbpartikel kleben am Schaumstoff fest und sind entfernt worden. Das wäre dann ein Schaden, der fast immer nicht zu reparieren ist. Das kann manchmal mit Ceranfeldmilch oder Chrompolitur (bei polierten Quarzagglos) entfernt werden.

Kann Neolith angegriffen werden?
Nein, eine chemische Reaktion ist ausgeschlossen, allerdings kann der Weichmacher an der Oberfläche kleben und Muster erzeugen. Eine Entfernung gelingt meist mit Waschbenzin und einem Mikrofasertuch. Mit Mechanik (Ceranfeldscheuermilch) bekommt man es nicht richtig entfernt.

Wie sieht das aus mit Verpackungsmaterial von Küchengeräten?
Das ist bei allen Materialien ein großes Problem. Wie oft sehen wir rechtwinklige Bereiche, die die Farbe geändert haben. Mal mit dem Muster der Blasenverpackung, mal flächig. Diese Verpackungen gehören nicht auf Lebensmittelbereiche.

Kann die Lebensmitteltauglichkeit beeinflußt werden?
Ja, im schlimmsten Fall ist sie nicht mehr gegeben. Lt. Lebensmittelgesetz darf bei einem Bedarfsgegensstand nichts auf das Lebensmittel übergehen. Klebt also Weichmacher aus Gummifüßen oder Verpackungen auf der Oberfläche, so kann dieser Bereich evtl. nicht mehr der Gesetzgebung entsprechen und verliert seine Eignung als Lebensmittelunterlage.

Wie ist das mit Abdrücken von Gummifüßen von Kaffeemaschinen und Co?
Im Grunde genommen das Gleiche. Meistens können sie mit dem Verfahren wie bei frischen Rollenabdrücken entfernt werden. Aber nicht immer.

Wer ist dafür verantwortlich?
Bei Rohtafeln bis zur Übergabe wir, bei Werkstücken bis zur Übergabe an den Endkunden der Steinmetz / Verarbeiter. Danach der Endkunde oder der Küchenlieferant. Leider besteht keine Hinweispflicht für Verpackungen, die keine Lebensmittel enthalten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass dieser Warnhinweis in neuen Merkblättern enthalten ist.

Gibt es weichmacherfreie Verpackungsmaterialien?
Ja, eine große Auswahl findet man unter https://archivbox.com/Zubehoer/Vlies-Schaumstoff-Einschlagpapier-Folie/

Da diese Leute sich auch mit Kunstobjekten beschäftigen, haben sie eine große Erfahrung damit. Sicher ist es teurer als 08/15 Folie, aber dafür ohne Risiko.