Farbtonvertiefer - Fluch oder Segen?
In den letzten Monaten haben sich beim Beratungsservice relativ viele Kunden gemeldet, bei denen Streitigkeiten mit dem Kunden entstanden sind, weil farbtonvertiefende Mittel auf Naturstein verwendet worden sind.
Was ist in diesen Mitteln enthalten?
Meistens ist das Lösemittel ein aromatenarmes oder –freies Testbenzin. In diesem sind, je nach Hersteller, verschiedene natürliche und synthetische Wachse und Öle enthalten. Aber auch Varianten mit Acryl, bioorganischen und chemischen Harzen sind möglich, ebenso wie Silane.
Sind diese Mittel lebensmittelecht?
Die meisten Farbtonvertiefer sind nach unseren Informationen nicht lebensmittelecht, deshalb sollte man vor der Verwendung auf Küchenarbeitsplatten oder Theken darauf achten, ob der Hersteller das Mittel freigibt für Bereiche, in denen unverpackte Lebensmittel direkten Kontakt mit der Oberfläche haben. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB): regelt diesen Sachverhalt. Von Relevanz sind unseren Informationen nach die Paragraphen § 30 „Verbote zum Schutz der Gesundheit“ und § 31 „Übergang von Stoffen auf Lebensmittel“:
"…es ist verboten, Gegenstände als Bedarfsgegenstände im Sinne des § 5 Abs. 1, Nr. 1 gewerbsmäßig so zu verwenden oder für solche Verwendungszwecke in den Verkehr zu bringen, dass von ihnen Stoffe auf Lebensmittel oder deren Oberfläche übergehen, ausgenommen gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind…"
Wie wirken diese Farbtonvertiefer eigentlich?
Das ist nicht unkompliziert. Die Reflektion, Absorbation und die Transparenz von Licht hängt bei Naturstein von der Oberflächenstruktur, der Form der reflektierenden Kristallflächen und natürlich von der Materialart ab. Je rauer eine Oberfläche ist, desto „diffuser“ wird das Licht zurückgeworfen, wo es dann vom Auge wahrgenommen werden kann. Diffus bedeutet, dass die eigentliche Farbe eines polierten Kristalls durch die Rauigkeit immer „grauer“ und heller wahrgenommen wird. Bei transparenten Kristallen wird der Durchscheineffekt größer, wenn der Kristall möglichst „glatt“ ist oder aus ebenen Kristallflächen besteht. Ein Farbtonvertiefer beeinflußt die Optik in verschiedenen Wirkweisen. Die Poren und Schleifspuren an der Oberfläche werden durch die Füllung mit den transparenten Bestandteilen „geglättet“ und ein mausgrauer geflammter Impala wirkt dadurch wesentlich dunkler. Die in die Gesteinsporen eingedrungenen Substanzen füllen die Räume zwischen den Kristallen auf und sorgen z. B. bei Graniten für eine höhere Transparenz und Farbtiefe.
Welche Risiken sind bei Anwendung dieser Mittel zu erwarten?
Da ist zu differenzieren
a) Materialabhängige Problematiken
Jedes Gestein nimmt in Abhängigkeit von der Porenradienverteilung unterschiedlich viel der farbändernden Substanzen auf. Dadurch kann eine vorher gleichmäßig aussehende Platte auf einmal stark fleckig erscheinen. Sorten, wie Padang Dunkel, Multicolor sind typisch für diese Erscheinungen.
b) Verlegeabhängige Problematiken
Ist das gesamte Mörtelsystem unter dem Stein nicht knochentrocken und die Natursteinoberfläche nicht absolut sauber, kann es passieren, dass in den Poren vorhandener Schmutz (z. B. Kalk) oder Wasser die Eindringtiefe auch bei dem gutmütigsten Gestein variieren läßt. Die dabei z. T. recht dekorativen Muster reichen von Bilderrahmeneffekten bis zu Streifenmustern, die indirekt von der Zahnkelle stammen. An den Stellen, an denen noch feuchter Mörtel war, ist die Eindringtiefe unterschiedlich.
c) Die Verteilung
Bei Farbtonvertiefern gilt oft der „Senf beim Würstchen"–Effekt: entweder zuviel oder zuwenig. Durch die Füllung der oberflächlichen Bearbeitungsspuren kann es passieren, dass man genau erkennt, wie oft jemand beim Auftrag über eine Stelle gegangen ist.
d) Haftung und Gewährleistung
Jeder Lieferant, der Fachbetriebe beliefert wie die Magna, kann sofort aus der Gewährleistung heraustreten, da die grundlegenden physikalischen Eigenschaften des Natur- oder auch Kunststeins drastisch geändert werden können. Beispielsweise wird die kapillare Leitfähigkeit durch farbtonvertiefende Substanzen i. d. R. verringert bis zum kompletten Verschluß.
e) Gebrauchseigenschaften innen
Sollte die Farbtonvertiefung korrekt durchgeführt worden sein, kann es aber immer noch zu optischen Problemen kommen. Besonders bei dunklen Materialien wird das oberflächliche Füllmaterial in den Hauptlaufzonen schneller „abgelaufen“ sein, als in den Nebenbereichen. Eine Nachbehandlung kann dann wiederum zu Fleckbildungen führen. Wichtig ist auch, das i. d. R. die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit, z. B. durch LaserGrip® oder durch entsprechenden Schliff von den meisten Mitteln überdeckt wird und der Boden bei Kontakt mit Wasser aalglatt wird. Bei Fußbodenheizungen wird meistens bei Beginn der Heizperiode die Estrich- und Mörtelfeuchte nach oben gedrückt. Das kann je nach verwendeter Chemie dazu führen, dass Bestandteile aus den Poren nach oben transportiert und abgelagert werden, meistens sichtbar in Form einer weißlichen Ablagerung. Besonders bei Schiefer oder schiefrigen Gesteinen tritt das sehr häufig auf.
f) Gebrauchseigenschaften außen
In Trockenzonen, wie z. B. in der Atacamawüste in Chile sehen wir kein Problem. Aber dort, wo es regnet kann es zu starken optischen Beeinträchtigungen führen. Die Eindringtiefe ist das Maß der Dinge. Ist diese zu klein, wird aufsteigende kapillare Feuchte zu unterschiedlichen Effekten führen und dann wird oft vom Kunden die entstehende Leopardenfelloptik reklamiert.
Kann man Farbtonvertiefer wieder entfernen?
Mit lösemittelhaltigen Produkten kann meistens der aufliegende Anteil entfernt werden. Das zwischen den Kristallen liegende chemische Gemisch i. d. R. nicht mehr.
Wann sind Farbtonvertiefer in unseren Augen sinnvoll?
Beispielsweise bei Dekorgegenständen, wie Briefbeschwerer, Vasen oder sonstige Kleinteilen. Bei Betonwerksteinfensterbänken in Innenbereichen ist es i. d. R. geeignet, um kleine Schleifspuren oder Vandalismusschäden temporär zu überdecken.
Was empfehle ich meinen Kunden, der eine Farbtonvertiefung wünscht?
Klassische Steinseife erreicht den gleichen Effekt, aber langsamer und ohne die vielen Risiken. Besser wäre es gewesen, wenn der Kunde direkt etwas ausgesucht hätte, was seinen Vorstellungen entspricht.