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Patina

Patina, jeder spricht darüber, aber keiner kennt es eigentlich.
Der Begriff „Patina“ kommt aus der italienischen Sprache und bedeutet „dünne Schicht“. Im Urlaub nennt die Hausfrau es Patina, Zuhause wird dann „Dreckkruste“ daraus. Meistens wird mit dem Begriff Patina eine Veränderung der Oberfläche und der Optik durch natürliche oder auch künstliche Alterung gemeint. In der Restaurierung zählen diese Alterungserscheinungen meistens zur „Originalsubstanz“, da sie zur Objektgeschichte gehören.
Im Aachener Dom wurde der Marmor und Kalkstein zwar gereinigt, aber nur sehr vorsichtig. Mit den Denkmalpflegern und Spezialisten aus der Geologie und Reinigung wurden nur die obersten Patinaschichten entfernt. Eine Sanierung bis auf den Einbauzustand ist heute in der Denkmalpflege i. d. R. unerwünscht. Wir wollen mit diesem Newsletter das Thema Patina und Naturstein etwas beleuchten.

Welche Arten von Patinierung gibt es?
Hier gibt es mehrere Ansätze, die wir einzeln vorstellen wollen.
1) Ablagerungen auf der Oberfläche
Läßt man eine Oberfläche ohne Reinigung, dann wird sie verschmutzen. Aber auch durch Reinigung hinterläßt man Spuren auf der Oberfläche.
1.1) ungewollte Härtebildner
Der bekannteste Härtebildner ist Kalk. Im Leitungs- oder Brunnenwasser sind immer Mineralien gelöst, die bei der Verdampfung (Trocknung des Bodens) auf der Oberfläche verbleiben. Feine Kalkreste sind polierbar, so dass früher oft der Eindruck entstand, dass durch „Putzen“ mit Wasser und regelmäßiges Polieren mit dem Bohnerklotz der Boden besser aussieht. Mit einer sauren Reinigung ist der Kalk bei relativ säureunempfindlichen Steinen entfernbar. Anders sieht es bei Reinigungsmittelresten aus. Oft verbleiben Tensidreste auf der Oberfläche. Zusammen mit Kalk und Schmutzresten bildet sich eine relativ dichte und klebrige Masse, die auch bei Grundreinigungen kaum
zu entfernen ist, da Grundreiniger einen hohen Tensidanteil haben und die vorhandenen Schichten chemisch nicht durchbrechen können. Hier hilft oft nur Mechanik oder spezielle Produkte, wie sogenannten „Ultranetzer“.
1.2) gewollte Härtebildner
Nach dem Merkblatt des ZDNW 1.10 zur Reinigung oder Pflege von Naturwerkstein bedeutet Pflege das bewußte Hinterlassen von Rückständen. Diese Rückstände haben je nach Zusammensetzung auch verschiedene Aufgaben. Einerseits sollen sie die Abriebfestigkeit etwa erhöhen, z. B. durch Zugaben von wasserlöslichen mineralischen Komponenten, andererseits sollen sie die Gebrauchsspuren überdecken, wie z. B. bei klassischem Seifenreiniger, bei dem die ausgefällte Kalkseife sich ablagert. Auch Wachsemulsionen gehören zu dieser Produktgruppe. Aber auch interessante Mischungen sind aus der Antike bekannt. Oft wurde Marmor, der nicht hell genug war, mit einem Anstrich aus einer Mischung von Ziegen- und Kalkmilch überzogen. Das feinstverteilte Fett und der Kalk als Puffer gegen die Milchsäure sorgten für eine gewollte Schutzschicht. Grafittis sind kein modernes Problem. Leider lagern sich nicht nur gewollte Substanzen ab. Schmutz und Staub werden mechanisch oder chemisch eingebettet und für die Nachwelt konserviert. Diese Schichten sind i. d. R. nicht abriebfest.

2) Ablagerungen unter der Oberfläche
Neben aufliegenden Substanzen können auch Partikel in die Steine eindringen. Jeder Naturstein hat kappilare Räume.

2.1) ungewollte Effekte

Jeder kennt die typischen Erscheinungen, wie sie in Bäckereien oder Restaurants auftreten. Trotz einer korrekten Imprägnierung des Bodens sind fettige Laufspuren zu sehen. Hier wirkt die Schuhsohle wie eine Fettpresse. Feines Fett oder Öl unter den Schuhen wird buchstäblich zusammen mit der Imprägnierung in die Poren nach unten gepreßt.

2.2) gewollte Effekte
Besonders alte Einpflegemaßnahmen mit Bienenwachs und Terpentin (siehe Newsletter zum Thema Einpflege von Terrazzo) oder Leinöl wurde bewußt gemacht um die Poren zu verstopfen. Hatte man ungebleichtes Leinöl verwendet, wurde mit der Zeit der Belag leicht bis stark gelblich. Daran erkannt man auch nach hunderten von Jahren diese Einpflegemethode. In Fußgängerzonen ist ein Phänomen oft zu beobachten. Erst schreit alles bei jedem Fleck, was für ein schlechter Stein ausgesucht wurde, wundersamerweise wird der Belag immer gleichmäßiger und unempfindlicher. In einigen Städten war man clever und hat den Kehrwagen zusammen mit Schmutzwasser des nächtens über die Plätze gefahren bis der Belag schön gleichmäßig patiniert war. Sind die Poren erst einmal mit Schmutz gefüllt, dann ist Ruhe eingetreten.

3) Weitere Effekte
Natürlich gibt es auch noch andere Effekte, wie chemische Änderungen der Oberfläche durch Verwitterung in Verbindung mit saurem Regen, Ablagerungen oder Schäden durch permanentes Berühren von Statuen usw.

Fazit: Patina ist eine Summe von Gebrauchs- und Nutzungsspuren in Verbindung mit der Umwelt und Reinigung. Sie lassen sich selten vermeiden, aber gezielt auch beschleunigen oder verzögern. Bevor in oder an einem Gebäude eine Sanierung ansteht, sollte man erst einmal erfragen, ob es unter Denkmalschutz steht. Wenn ja, ist es sehr empfehlenswert, den Denkmalpfleger einzubeziehen, auch wenn es nicht immer einfach ist.