

Rissursachen bei verlegten Küchenarbeitsplatten
Grundsätzlich gilt: Naturstein wird ohne eine einwirkende Kraft niemals reißen
Es gibt drei Hauptfaktoren:
1) mechanische Überlastung
Darunter versteht man auftretende Zug- und Druckkräfte, die durch verschiedenste Einflüsse entstehen können. Ein typischer Fall wäre, wenn der Endkunde die Arbeitsplatte als Auftritt nutzt, um die Hängeschränke zu reinigen. Erkennbar ist das meistens mit einem Haarlineal aus dem Maschinenbau. Mit diesem Hilfsmittel lassen sich Höhenunterschiede an der Rißzone erkennen. Auch typisch sind Risse im Fensterbereich. Hier ist immer damit zu rechnen, dass die Hausfrau Eimer und Fuß auf die Arbeitsplatte stellt. Armierungen sind hauptsächlich als Durchbruchsicherung da, damit kein Teil auf die Füße fallen kann. Sie sind keine Rissverhinderer!
Ein weiteres Problem sind absinkende und sich verformende Estriche.
Die zu erfüllende Festigkeit ist in einem Haushalt 2 kN/m² (gewerblich ist Standard 5 kN/m², ggf. mehr, Rettungswege 10 kN/m²). Betrachtet man bei sich selber zuhause, was alles in den Küchenschränken lagert, so kommt man schnell darauf, dass Dämmungen sich langsam durch das Gewicht von mehr als 200 kg/m² zusammendrücken können. Die dabei auftretende Verformung überträgt sich natürlich auch auf die Küchenzeile, die an den Verbindungen nachgibt. Die darauf aufliegende Arbeitsplatte macht das kaum oder gar nicht mit. Folglich entstehen durch die Verformung des Untergrunds Spannungen und daraus resultierende Risse in den Arbeitsplatten. Ein konstruktives Detail wird oft unterschätzt. Integrierte Fensterbänke liegen auf den Außenwandflächen auf. Bewegt sich der Untergrund, Estrich und auch Möbel, ist ein Riss vorprogrammiert. Das ist allerdings auch abhängig vom Material. Serizzo, gelbe Granite, sind durch ihre Elastizität wesentlich unempfindlicher als starre Gesteine wie Nero Assoluto oder Quarzagglo. Früher hatte man diese Probleme nicht. Auf dem Rohbeton waren Verbundestriche und die Heizung war an der Wand.
Teil 1 Zementestriche auf Dämmung/Trennlage
Wie entstehen Verformungen?
Ganz einfach durch Kraft. Keine Kraft, keine Verformung. Es ist aber beim Estrich nach folgenden Punkten zu unterscheiden:
a) elastische und plastische Verformungen des Estrichs
b) konstruktive (lastabhängige Verformung)
c) Erstarrungsverformungen (Teil 2)
Wieso funktioniert elastische und plastische Verformung?
Dass sich Beton verformen kann, sieht man an jeder Hängebrücke. Das funktioniert auch mit einem Estrich. So unbeweglich ist er nicht. Jeder Steinmetz kennt es vom Naturstein, ein Streifen Serizzo an die Wand gelehnt und nach einiger Zeit biegt er sich durch. Obwohl ein Gneis eine höhere Ritzhärte aufweist als Estrich, beruht es auf dem gleichen Grundprinzip. Die in den Materialien enthaltenen Kristalle sind mechanisch und teilweise auch chemisch ineinander verhakt. Je mehr Porenräume vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kristallspitzen bei Bewegung leicht biegen oder teilweise abbrechen. Der Spruch „Viele Wenig ergeben ein großes Viel“ stimmt.
Bewegt man sich rein im elastischen Bereich, dann geht nach der Entlastung alles wieder in den Ursprungszustand zurück. Überschreitet man diese Grenze nur teilweise, dann führt das später bei Wiederholung der Belastung zum Ermüdungsbruch. Überlastung liegt dann vor, wenn die Verformung entweder nicht mehr zurückgeht bzw. ein Riss entsteht.
Dynamische Lasten durch Flurförderfahrzeuge oder auch elektr. Rollstühle haben mindestens zwei Effekte: Einmal die Ableitung des Gewichts nach unten mit einer Zusammendrückung des Gesamtsystems. Je nach Konstruktion und Belagart wird eine elastische bis plastische Verformung oder bei höheren Materialstärken eine „Kippbelastung“ im Fugenbereich stattfinden. Gleichzeitig entsteht eine Druckwelle vor dem Fahrzeug. Je schneller das Fahrzeug ist, desto kleiner ist die punktuelle Belastung nach unten, desto größer die vorhergehende Druckwelle, deren Kraftableitungswinkel sich mit zunehmender Geschwindigkeit verkleinert. Innerhalb der Elastizitätsgrenzen des schwächsten Glieds der einzelnen Schichten (Belag, Mörtel, Estrich, Dämmung) passiert i.d.R. nichts. Anders sieht es aus, wenn ein Teil darüber hinaus belastet wird.
Hierzu ein Beispiel: Aufbau: Beton (nicht topfeben), PE–Folie, Dämmung, Estrich, C2–Dünnbettmörtel, Keramik 1 m/1 m in einer Stärke von 6 mm mit Armierung. Belastung mit Hubwagen auf Gummirollen. Die Keramik biegt sich leicht, der C2-Mörtel auch. Der Estrich wird elastisch verformt und überträgt dies auf die Dämmung. Drückt diese sich dann zusammen und bleibt auch verformt (plastische Verformung), wird es auf alle anderen Bauteile „übertragen“. Der Riss im Oberboden ist dann vorprogrammiert, je öfter er befahren wird. Ursache ist dann der Umstand, dass der Belag nicht mehr nur Lastverteiler ist, sondern auch zum tragenden Element wird.
Warum verformt sich ein Estrich in der Aushärtungsphase (bis zum Erreichen der 2 CM-%)?
Bei der Hydratation (Festigkeitsbildung des Zementes unter Aufnahme von Wasser/Feuchtigkeit) und der Schwindung durch Trocknung/Wasserentzug handelt es sich um ein extrem komplexes Geschehen, welches durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren wie z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Strömungsgeschwindigkeit der Luft, Luftwechselrate, Dicke und Porosität der Estrichquerschnittes, Flächengröße, Wasserzementfaktor, Zementart, Zementgehalt usw. abhängt. Wenn z.B. der Luftstrom an der Oberfläche des Estrichs zu stark ist (Durchzug), wird die Feuchtigkeit an der Oberfläche zu schnell entzogen und die Oberfläche zieht sich aufgrund des Volumenverlustes (Wasser wurde entzogen) zusammen. Durch dieses Zusammenziehen an der Oberfläche, verkürzt sich diese und der Estrich „schüsselt“ wie eine Käsescheibe, die man einige Tage offen auf dem Tisch liegen lässt – unappetitlich, aber realistisch.
Der umgekehrte Fall (konvexe Verformung) tritt ein, wenn der Estrich z.B. durch einen zu früh aufgebrachten Belag in seiner Oberfläche nicht schwinden kann, der untere Querschnitt sich der allgemeinen Trocknung folgend aber verkürzen will. Hier kommt es dann zur sog. konvexen Verformung.
Für Spezialisten: Feuchtigkeit, wenn sie gasförmig ist, verteilt sich homogen im Estrich und steht in einem Gleichgewicht mit den Umgebungsbedingungen (Ausgleich). Es dauert aber eine gewisse Zeit. Der kapillare Wassertransport funktioniert nur so lange, wie flüssiges Wasser vorhanden ist, oder der Wasserdampf kondensieren kann (kalte Oberfläche). Der Estrich besitzt sogenannte Makro-, Meso und Mikroporen. Die Mikroporen (Gelporen) sind so klein, dass Wasser so fest adsorptiv gebunden ist, dass unter „normalen“ Umständen dieses Wasser auch dauerhaft im Estrich verbleibt. Fakt ist aber, dass ein Estrich auch nach Erreichen der „Belegereife“ von 2 CM-% nicht verformungsfrei bleibt. Jede längerwirkendeTemperatur und Feuchteänderung des Raumes kann man an Estrichen nachweisen, da Estriche einmal durch ihre Kapillarstruktur Feuchte aufnehmen, speichern und bei Änderung der Umweltbedingungen auch wieder abgeben können (hierzu Beispiele beim nächsten Newsletter). Gleiches gilt für Temperaturänderungen aufgrund der linearen thermischen Eigenschaften. Ein Estrich ist somit nie verformungsfrei und der CM-Wert von 2 % ist ausschließlich ein empirischer Wert, bei dem festgestellt wurde, dass die Restverformung so klein ist, dass keine „gravierenden“ Schäden durch Verformung zu erwarten sind.
Wie lange dauert es, bis die Verformungen aufhören?
Sie können davon ausgehen, dass bei Estrichen, welche über 2 CM-% Restfeuchte belegt wurden, die Austrocknung so langsam erfolgt, dass es durchaus mehrere Jahre dauert, bis sich der erste Riss bildet oder die Fläche aufgrund einer konvexen Verformung und der Lasten (Eigenlast und Fremdlasten z.B. Partygäste) einbricht. Auch bei Estrichen, welche bei < 2 CM-% verlegt wurden, ist eine weitere Verformung (Quellen und Schwinden je nach Umgebungsbedingungen) über einen Zeitraum von mehreren Jahren „normal“, da die Haushaltsfeuchte, d.h. die der Umgebungsfeuchte angepasste Feuchte des Estrichs deutlich niedriger liegt (< 1 DARR-%). Weiterhin „bewegen“ sich Estriche immer parallel zu den Umgebungsbedingungen (warm und feucht im Sommer, niedrige Luftfeuchte und Temperatur im Winter).
Wieviel mm sind das eigentlich?
Wenn man von einem Standard ZE ausgeht, so sagt die Literatur, ist mit einem Schwindmaß von 0,5 mm/m zu rechnen. Bei einer Raumgröße von 8 m z.B. entspricht die ungehinderte Längenverkürzung somit 4 mm. Wenn der Estrich tatsächlich ungehindert Schwinden kann, ist dieser Wert auch nicht besonders hoch und es wird nicht zu einem Schaden kommen. Wenn aber der Estrich einseitig an seiner Schwindung gehindert wird, kommt es zu einer konvexen Verformung bei Verlegungen > 2 CM-%. Die wenigsten Estriche können ungehindert schwinden. Ein Estrich auf Trennlage z.B. wird durch seine Eigenlast und Unebenheiten des Untergrundes oder aber unterschiedliche Dicken so stark an seiner freien Schwindung gehindert, dass auch hier Risse oder Verformungen auftreten werden. Die Frage ist nur, ob diese auch immer zu Schäden führen werden. Machen Sie, um sich selbst zu überzeugen, folgenden Versuch: Legen Sie einmal 2 Zollstöcke voll ausgeklappt nebeneinander, wobei beide Zollstöcke mit einer Seite an einer Wand anstoßen. Den einen Zollstock lassen Sie glatt liegen, damit Sie die Verschiebestrecke des 2. Zollstocks ablesen können. Nun schieben Sie den 2. Zollstock einmal von 2 m auf 199 mm gegen die Wand (Zollstock muss platt auf dem Tisch liegen) und schauen sich einmal an, was dieser für eine konvexe Verformung in der Mitte aufweist.
2) thermische Überlastung
Wie in einem früheren Newsletter bereits beschrieben, sind Natursteine keine temperaturunempfindlichen Schamottesteine. Durch Hitze können Risse entstehen. Ein Kochtopf (100°C) ist i. d. R. relativ unproblematisch, aber die heiße Pfanne mit 250°C kann durchaus zur Rissbildung führen. Auch hier gilt: Je elastischer ein Material, desto risikoloser. Besonders häufig sind die Reklamationen am Ende des Jahres. Das liegt oft am Gänsebräter. Der kommt mit 220° C aus dem Backofen und hat zusätzlich durch die enthaltene Fettschicht eine extreme Wärmemenge gespeichert. Ein Kunde hatte z. B. Star Galaxy auf den Küchenmöbeln. Nachdem er den ultraheißen Bräter abgestellt hatte, ist die Arbeitsplatte nach 10 Minuten Verweildauer buchstäblich geplatzt.
3) Ermüdungsbrüche
Das ist ebenfalls ein komplexes Thema. Jeder kennt den Effekt, wenn man eine Büroklammer oft genug verformt, bricht sie. Das gilt auch für Natur- und Kunststein. Jede thermische Einwirkung wirkt dreidimensonal. Die rein mechanisch ineinander verhakten Kristalle können durch permanente Bewegung (mechanisch und thermisch) reißen. Die kleinen "Häckchen", die alles zusammenhalten, brechen einer nach dem anderen weg, bis ein ausgeprägter Riss entsteht. Die eigentlichen Ursachen sind manchmal etwas schwer zu erkennen. Eines der Hauptprobleme ist nicht, wie man annehmen könnte, die Kochstelle, sondern eher die Spülmaschine. Je nach Typ und Lüftung haben wir schon Temperaturen von z. T. mehr als 60°C gemessen. Zusätzlich wächst mit steigender Luftfeuchtigkeit die Fleckenbildung durch Kondenswasser und einer mikrobiologischen Besiedlung (Schimmel/Bakterienrasen). Durch die permanente, punktuelle Be- und Entlastung können Ermüdungsbrüche auftreten - tatsächlich plötzlich und unerwartet. Das ist allerdings Sache des Küchenkonstrukteurs, bzw. des Küchenplaners. Wir empfehlen auch grundsätzlich darauf zu achten, dass eine zu überbauende Heizung tatsächlich "aus" ist und nicht im Winter für einen Wärmestau sorgt, weil kein Lüftungsschacht eingeplant wurde. Ein weiterer Dauerbrenner sind Wärmelampen oder Heizplatten auf und über der Arbeitsplatte. Durch die permanente, punktuelle und alternierende Belastung sind in Abhängigkeit vom Material Ermüdungsbrüche vorprogrammiert.
Schwingende Holzböden in Altbauten, die indirekt zur Materialermüdung führen können sind für viele Risse ursächlich.
Die Gemeinsamkeit zwischen allen Fällen ist, dass kein Materialmangel vorliegt, sondern meistens Planungsfehler und falsche Erwartungshaltung der Endkunden.